„Der REST, das Unwichtige, ist der blinde Fleck der Gesellschaft.”
Altersgruppe
56-65
Wie bist Du zur Kunst gekommen?
RESTkollektv ist das Künstlerpaar Brigitte Raabe (*1961) Michael Stephan (*1961) mit Piet Trantel (*1957). Brigitte und Michael leben und arbeiten zusammen in Hamburg als Kunstlehrer. Piet kommt aus einem Dorf bei Bremen und lebt als Hochschullehrer in China. Kunststudien in Stuttgart und Braunschweig in den 80er Jahren. Beginn der Zusammenarbeit im Kollektiv 2009/10. Seither beschäftigt uns das Handeln des Einzelnen (ONE) in der Gesellschaft (WHO) auf diesem Planeten (T(HERE)): REST-Ressourcen am Rande des Kulturbetriebes, unkommerzielle Arbeit, Nicht Wahrgenommenes, Nicht-Tun, Kapitalismuskritik und RESTverschwendung bilden in der Arbeit des Kollektiv das Übungsfeld künstlerischer Alltags-Handlungs-Praxis (AHP).
Welchem Themenfeld der Ausstellung fühlst Du Dich mit deinen Arbeiten am ehesten zugehörig?
Sichtbarmachung gesellschaftspolitischer Themen
Warum hast Du Dich auf „Imagine Transparency" beworben?
Sichtbarkeit oder Nicht-Wahrgenommenes. Verschiebungen, Verwerfungen. RESTthemen sind die gesellschaftliche Randbereiche, an denen sich soziale Zustände mit individuellen Wünschen und gemeinsamen Utopien reiben. Mit künstlerischen Mitteln diese zu befragen und zu thematisieren nennen wir Wirklichkeitstraining oder Wirkungsausweitung künstlerischer Arbeit. Wir haben Ende 2019 "Die Reihe der Planeten" als Büchlein herausgebracht. Notizen eines Notorischen Nörglers zum Verhalten des Menschen auf dem Planeten Erde. ONE WHO (T)HERE knüpft als kollektives Arbeitskonzept daran an und unterlegt gegebene und gestaltete Situationen mit einer Art Subtext aus dem Büchlein. Ein Buch, das kein Buch sondern eine Aufforderung sein will, um die gängige Prioritätenfolge von Individuum (ONE) in der Gesellschaft (WHO) auf dem Planeten (T)HERE) umzukehren, -drehen, auf den Kopf zu stellen?
Kurzbeschreibung Deines eingereichten Projekts:
Projektvorschlag 1 “Lac Caninum (Hundemilch)" ist ein Projekt zu einem traumatischen Zustand im Kunstbetrieb und der Gesellschaft. Es geht um das Gefühl von Abhängigkeit und Macht, Kränkung und Nichtbeachtung und den Drang, sich aus "dem Betrieb" zurück ziehen zu müssen. Proktvorschlag 2 "Unschärferelationen" experimentiert mit Sichtachsen von Kunstbetrieb und Künstler*innen, wie sie sich gegenseitig sehen oder sehen können in einer modellhaften Performance. Dazu gibt es einen Anleitungstext und eine Spielsituation, die eine Beteiligung erfordert.
Was oder wen siehst Du aktuell nicht in „der Kunstszene“ bzw. was fehlt Dir?
Der REST, das Unwichtige, das Unsichtbare, es gibt viele blinde Flecken in der Gesellschaft. Die Kunstszene ist nicht anders als der REST der Gesellschaft. Es geht vor allem darum, mehr selbst zu tun, weniger zu beanspruchen, mehr gemeinsam zu denken und weniger materielle Ressourcen auf Kosten anderer zu horten, weniger gewinnorientiert zu agieren. Es mangelt besonders an einer Kultur des öffentlichen Raums, Kapitalisierung und Digitalisierung verdrängen den achtsam handelnden Umgang untereinander. Kunst und Kultur könnten gegen halten. Allerdings wird dies kaum wahrgenommen, nicht wirklich genutzt und nicht thematisiert.
Kannst Du von Deiner Kunst leben?
Nein, aber sollten wir das? Im wirtschaftlichen Sinn können wir uns mit Kunstverkäufen oder Stipendien nicht finanzieren. Aber mindert das den Wert, die Qualität unserer künstlerischen Arbeit? Selbst im Bereich der Weitergabe von Wissen und Erfahrung, in der Lehre an Schulen oder Hochschulen, wo wir tätig sind, überwiegt die Haltung, dass Denken und Handeln nur Sinn macht, wenn es sich wirtschaftlich und finanziell lohnt. Ohne Kunst könnten wir nicht sein. Also leben wir für die Kunst oder von der Kunst?
Wo können wir Deine Kunst „in echt“ sehen?
… im RESTwindowspace / AHPmonitor, Paul-Roosen-Straße 32, 22767 Hamburg