Die Kunst kam zu mir, ich bin ihre Personifizierung
Welchem Themenfeld der Ausstellung fühlst Du Dich mit deinen Arbeiten am ehesten zugehörig?
Ich möchte Perspektiven aufzeigen, die von einer Gesellschaft, die von einem weißen/männlichen/westlichen Blick geprägt ist, häufig unbemerkt bleiben oder ignoriert werden. Dies bezieht sich neben den inhaltlichen Aspekten meiner Arbeit auch auf die gesamte Präsentation und Gestaltungsweise. Durch bewusste Entscheidungen gegen das Mittragen bestimmter Strukturen (des Kunstmarkts), Akteure und Publikum spielerisch irritieren. Das macht Spaß und ist schockierend leicht. Zugänglichkeit von Kunst Protagonisten des Kunstbetriebs und ihre Konsumenten dient die Dazugehörigkeit als wichtiges Distinktionsmerkmal. Wäre der Kunstbetrieb transparent und ein Zugang niedrigschwellig, würde dies wegfallen. Wer der Beteiligten kann das wollen? Also wird unnötig kompliziert gesprochen, Uninteressantes hochgelobt, Unverständliches als tiefsinnig gefeiert. Das ist langweilig, für kunstfernes Publikum kaum durchschaubar und dadurch wenig attraktiv.
Warum hast Du Dich auf „Imagine Transparency" beworben?
Ich bin Gewinnerin des Wettbewerbs MISS KUNST, einem Wettbewerb für Bildende Künstlerinnen. Die Initiatorin des Wettbewerbs hat mich zur Teilnahme an „Spieglein, Spieglein…“ vorgeschlagen. Der Wettbewerb MISS KUNST war ein internationaler Aufruf an professionell arbeitende bildende Künstlerinnen, unabhängig von Alter, Wohnort oder Herkunft, sich mit ein bis drei Fotos ihrer Person zu bewerben, nicht ihrer Werke! Im Wettbewerb war das einzige Kriterium für den Gewinn das Aussehen der Künstlerin und ihre Inszenierung in den Medien des Internet. Die MISS KUNST war ein Wettbewerb der Willkür, bestimmt von Laien wie von Expertinnen und Experten und er bot viele Ansätze zur Diskussion. Der Wettbewerb sollte als eine Provokation im Kunstbetrieb gesehen werden, mit der approbierte künstlerische und gesellschaftliche Werte und Normen verletzt werden, denn sie griff den Umstand auf, dass künstlerischer Erfolg nicht allein am Werk ausgemacht ist und sollte zu gering beachteten Mechanismen innerhalb des Kunstbetriebs mehr Sichtbarkeit geben. Viele Kriterien spielen eine Rolle, wenn es um den künstlerischen Erfolg geht, wobei Geschlecht, Alter, Wohnort, Nationalität und Beziehungen ein spürbares Gewicht bilden. Daher war auch die Wahl der schönsten Künstlerin nicht umsonst ungerecht, diskriminierend, eindimensional, sexistisch, politisch inkorrekt und dennoch erstrebenswert wie der Kunstbetrieb selbst.
Kurzbeschreibung Deines eingereichten Projekts:
Im Ausstellungsraum installiere ich einige meiner Arbeiten (Malerei, Öl und Acryl auf Leinwand). Zur Eröffnung der Ausstellung findet eine Performance statt, bei der ich den Besucherinnen und Besuchern als amtierende MISS KUNST (mit den offiziellen Insignien Schärpe und Tiara) Autogramme gebe.
Was oder wen siehst Du aktuell nicht in „der Kunstszene“ bzw. was fehlt Dir?
Eine wirkliche Vielfalt gibt es nicht. Jurierte Ausstellungen führen z.B. dazu, dass sich die Juror:innen einigen, es ist also immer ein Kompromiss. Sie einigen sich auf ein Mittelmaß der eingereichten Bewerbungen - wobei natürlich vorab die formalen Kriterien ins Bild passen müssen. Die sind sehr wichtig, das Studium, die Vita muss Hand und Fuß haben, da macht man nix falsch. Geschlecht, Alter, Nationalität? Hm, was ist denn gerade politisch korrekt oder wollen wir drauf sch***??? Völlig egal, es geht doch um Kunst, da kann man (fast) alles mit rechtfertigen. Das Ergebnis kann auch mal mittelmäßig aufregend sein, mittelmäßig geschmacklos, mittelmäßig intelligent. Mittelmaß ist nicht schlecht, es ist nicht gut, es ist eben so mittel. Vielleicht ist es dadurch doch gut, kann ja sein, aber vielfältig ist es kaum. Wenige Ausreißer kommen auf diesem Weg zu Sichtbarkeit. Des Weiteren fehlen faire Arbeitsbedingungen, aber damit fange ich hier jetzt gar nicht erst an. Obwohl - seit ich MISS KUNST bin, habe ich mit diesen Missständen auch nichts mehr zu tun, mir wird immer und überall der rote Teppich ausgerollt. So schlimm ist das eigentlich auch alles gar nicht. Da muss man eben durch, wenn man es als Künstler:in ernst meint.
Kannst Du von Deiner Kunst leben?
Natürlich. Künstler:innen, die das nicht können, haben entweder kein Talent oder müssen sich einfach mehr anstrengen. Prioritäten setzen ist wichtig, als Künstlerin habe ich mich z.B. bewusst gegen eigene Kinder entschieden, irgendeinen Preis hat schließlich alles. Wer den nicht zu zahlen bereit ist, braucht gar nicht erst antreten.
Wo können wir Deine Kunst „in echt“ sehen?
Bei Ausstellungen (abonniere meinen Newsletter Kunstgebrabbel) oder in meinem Showroom und Atelier in Lauenau. Schreib eine Email an info@zoemactaggart.com - meine Assistentin kümmert sich um alle Anfragen und Autogrammwünsche.
01 Zoë MacTaggart, That Day Will Come, 2020, Acryl auf Leinwand, 200 x 210 cm, Foto: knstvrn, Bad Wonder 02 Zoë MacTaggart, Installationsansicht mit „Festival“, 2019, Acryl auf Leinwand, 280 x 435 cm, Foto: knstvrn, Bad Wonder 03 Zoë MacTaggart, Catch di Vibe, 2021, Acryl auf Leinwand, 50 x 40 cm, Foto: knstvrn, Bad Wonder 04 Zoë MacTaggart, Installationsansicht mit „Skank’n Rave“, 2018, Acryl auf Leinwand, 200 x 400 cm mit Mobile aus recyceltem Polystyrol, Acryl, Aluminium und Nylon, Foto: knstvrn, Bad Wonder 05 MISS KUNST, Zoë MacTaggart, 2021, Foto: Manuela Fersen 06 MISS KUNST, Zoë MacTaggart, 2021, Foto: Manuela Fersen